Objekt 705

Umbau Einsiedlerhaus / Haus der Musik Rapperswil

Bauherrschaft: Stadt Rapperswil-Jona / Verein proMusicante Rapperswil-Jona


1 Sicht aus den Fenstern 2 Fassadendetail 3 Korridor 4 Ansicht vom See 5 Übungsraum EG 6 Treppenhaus

7 Sicht vom Schloss, Kunst am Bau "Klangwolke" 8 Vortragsraum 9 Musizierende 10 Eingang 11 Lage am See

12 Bild von Margrith Bühler

 

Vom Wollweberhaus zum Haus der Musik

Wo früher Mönche Stoff für ihre Kutten webten und färbten, ertönt heute wunderbare Musik. Das Einsiedlerhaus in Rapperswil, auch Haus der Musik genannt, ist seit bald 10 Jahren wieder belebt.

 

Das Haus reiht sich völlig unauffällig in die lange Mauer entlang der Rapperswiler-Seepromenade ein und  gehört dem Kloster Einsiedeln. Benno Weber, Gründungspräsident des Vereins proMusicante, war zugleich verantwortlicher Architekt für die Renovation und den Umbau der denkmalgeschützten Liegenschaft.

ProMusicante hat dem Einsiedlerhaus am Endingerhorn wieder Leben eingehaucht und damit auch die Türen für jedermann geöffnet. Denn wo heute Musik ertönt, waren bis in die 70-er Jahre Webmaschinen zu hören und die Räume nur den Mönchen zugänglich.

 

Vom Kriegslärm zum Weberlärm

Die Geschichte des Einsiedlerhauses ist sehr lang, denn das Gebäude ist vermutlich das älteste Haus in Rapperswil. Angenommen wird, dass es bereits 981 am Ufer des Zürichsees stand. Der Glarner Politiker Ägidius Tschudi (1505-1572) hielt dies nach dem Aktenstudium im Kloster Einsiedeln so fest. Wann es tatsächlich errichtet wurde, ist jedoch mit den vorhandenen Unterlagen nicht genau eruierbar. Sicher ist aber, dass es Teil eines mittelalterlichen, auf der Halbinsel Endingen gelegenen Landbesitzes des Benediktinerstifts Einsiedeln ist. Urkundlich nachweisbar sind ein Gotteshaus und eine dazugehörende Schiffsanlegestelle, wenige Jahre nach dem Übergang der Stadt an die Habsburger im Jahr 1354.

Es diente als Lager- und Verwaltungsgebäude, von dem aus die Einsiedler Bediensteten den Waren- und Personentransport über den See nach Hurden organisierten. Zudem hatte das Einsiedlerhaus aber auch eine nicht unwesentliche Bedeutung als Wehrbau. Das turmähnliche Gebäude bildete den südwestlichen Eckpunkt der frühesten Stadtbefestigung. Später wurde es direkt in die Stadtmauer integriert, die das gesamte Endingerhorn umschloss.

Bis in die Mitte des 17. Jahrhunderts war das Einsiedlerhaus immer wieder von kriegerischen Aktivitäten umgeben. Danach, 1669, zogen andere Geräusche ins Haus – die Geräusche von Webmaschinen. Die neu gegründete Schweizerische Kapuzinerprovinz liess darin eine Wollweberei zur Anfertigung von Ordenskleidern einrichten. Unendlich viele Meter Wollstoffe wurden im Einsiedleraus gewoben, bis 1942 die Weberei ins Glarnerische Hätzingen ausgelagert wurde. Damit kehrte die klösterliche Ruhe im Haus wieder ein, was auch den Mönchen nur Recht sein konnte.

 

Äpfel anstatt Miete

Heute ist das Einsiedlerhaus, sowie der direkt angrenzende prächtige Rosengarten, in der Pacht der Stadt Rapperswil-Jona.
1972 richtete die Stadt den Rosengarten ein, der einst als Obstgarten für die Mönche genutzt wurde. Die Kapuziner erhielten als Entschädigung für die eingebüssten Obsterträge einen jährlichen Obolus, ausbezahlt in Form von 150 Kilogramm Äpfeln.

 

Seit dem 1. Januar 2012 besitzt die Stadt Rapperswil-Jona das Einsiedlerhaus und den Rosengarten im Baurecht und gibt es zur Mitbe-nutzung an den Verein proMusicante weiter.

ProMusicante begann mit dem eigentlichen Musikunterricht 2010 in der alten Fabrik in Rapperswil-Jona. Als sie in die glückliche Lage kamen, das geschichtsträchtige Einsiedlerhaus zu nutzen, mussten sie vorerst tüchtig Hand anlegen. Weder eine Heizung, elektrische Installationen noch sanitäre Einrichtungen waren vorhanden.

 

Die Umbaukosten mussten zu 60% vom Verein aufgebracht werden, 40% übernahm die Stadt. Diese prozentuale Aufteilung entspricht auch der Nutzung zwischen dem Verein proMusicante und der Musikschule Rapperswil-Jona.

 

Musik für ältere Semester

259 Musikschülerinnen und –schüler ( Stand 2021) musizieren heute im Einsiedlerhaus. Es  sind verschiedene Ensembles in unterschiedlichen Stilrichtungen entstanden. Von der Tango- über die Volksmusik- bis hin zur Jazz-Group ist fast jede Art von Musik zu hören. Regelmässig werden Einzel- oder Gruppenkurse mit den verschiedensten Instrumenten angeboten. Ein spezielles Angebot im Einsiedlerhaus ist das Musizieren für Menschen mit Behinderungen.

Da der Verein mit den Musikhochschulen von Bern und Luzern zusammenarbeitet, werden die Ergebnisse des Musizierens im Alter auch fortlaufend in Studien einbezogen. Eines der Ziele dieser Zusammenarbeit ist, dass dem Musizieren im Alter ein höherer Stellenwert eingeräumt wird.

Damit auch Leute, die nicht selber musizieren in den Genuss von Musik im Einsiedlerhaus kommen, ist jeden letzten Donnerstag im Monat jeweils ein Themenabend – und  einmal im Monat ein Konzert im Haus der Musik vorgesehen.